Einführung

In diesem Abschnitt befassen wir uns ausführlich mit den wichtigsten Aspekten der Wundbeurteilung – einem Eckpfeiler einer effektiven Gesundheitsversorgung.

Erfahren Sie, wie wichtig eine genaue Wundbeurteilung ist, entdecken Sie die Feinheiten eines ganzheitlichen Ansatzes, lernen Sie, einen präzisen Behandlungsplan für die Wunde zu erstellen und verschaffen Sie sich Klarheit darüber, wie oft Wunden optimalerweise beurteilt werden sollten. Dieses Wissen ist die Grundlage dafür, dass medizinisches Fachpersonal Ihre Patient:innen optimal versorgen und damit den Heilungsprozess fördern kann.

 

Warum ist die Wundbeurteilung so wichtig?

Eine Wunde wirkt sich erheblich auf die Lebensqualität der Patient:innen aus. Wie viele von Ihnen aus Ihrer eigenen klinischen Praxis wissen, sind nicht heilende Wunden nicht nur schmerzhaft, sondern sie verursachen den Patient:innen auch grosses Leid.

Sowohl Patient:innen als auch medizinische Fachpersonen machen sich Sorgen, wenn die Wundheilung zu lange braucht und fragen sich, woran dies liegen könnte. Manche Patient:innen haben mit dem Geruch des Wundexsudats zu kämpfen. Dieser hält sie möglicherweise sogar davon ab auszugehen und verstärkt damit ihr Leid durch soziale Isolation weiter.

Zu wissen, wie man eine Wunde richtig beurteilt, ist die Voraussetzung dafür, ihrem Leid ein Ende zu bereiten.

Das bedeutet, dass wir alle Faktoren berücksichtigen müssen, die den Heilungsprozess der Wunde beeinflussen. Dies beginnt mit der Ermittlung der zugrunde liegenden Ursache der Wunde und den Faktoren, die eine Wundheilung verhindern und reicht bis zur Festlegung klarer Behandlungsziele und der Abstimmung der Erwartungen mit den Patient:innen.

Dies bezeichnen wir als ganzheitliche Wundbeurteilung. Schauen wir uns einmal genauer an, was dieser Ansatz umfasst.

Was versteht man unter einer ganzheitlichen Wundbeurteilung?

Wie der Name schon sagt, ist eine ganzheitliche Wundbeurteilung ein Ansatz, der die Kombination von Faktoren – innerhalb und ausserhalb der Wunde – berücksichtigt, die den Heilungsprozess beeinflussen.

Eine ganzheitliche Wundbeurteilung umfasst:

  • die Anamnese des:der Patient:in – einschliesslich aktueller und früherer Erkrankungen, der psychologischen und sozialen Geschichte, der Wundversorgungsumgebung und des Zugangs zu spezialisierten Gesundheitsdiensten.
  • eine körperliche Beurteilung des:der Patient:in – einschliesslich Faktoren wie Atmung, Blutdruck, Herztöne, Hautbeurteilung usw.
  • eine umfassende Wundbeurteilung – einschliesslich der Beurteilung des Wundgrunds, der Wundränder, der Haut um die Wunde herum und des Schmerzniveaus des:der Patient:in.

Ein strukturierter Ansatz für Ihren Wundversorgungsplan

Der ganzheitliche Ansatz für die Wundbeurteilung sorgt für eine strukturierte und umfassende Wundversorgung. Er hilft Ihnen, alle Faktoren zu berücksichtigen, die sich auf die Wundheilung auswirken. Darüber hinaus dient er als Basis für die Verfolgung des Heilungsprozesses, so dass Sie Ihre Behandlungsziele auf dem Weg dorthin anpassen können.

Bei diesem Ansatz betrachten Sie den:die gestamte:n Patient:in und nicht nur die Wunde an sich.

Ein Tool zur Wundbeurteilung und -dokumentation hilft Ihnen, eine ganzheitliche Wundbeurteilung durchzuführen. Schauen Sie sich unser Wund-Dreieck-Beurteilungstool an und lassen Sie sich von diesem Tool durch den Prozess führen.

Festlegung Ihres Wundversorgungsplans und Ihrer Behandlungsziele

Nach einer umfassenden Beurteilung der Patient:innen und der Wunde können Sie einen effektiven Behandlungsplan entwickeln und spezifische Ziele für die Behandlung festlegen.

Binden Sie Ihre Patient:innen immer in diesen Prozess mit ein. Wie Sie wahrscheinlich schon selbst erfahren haben – und wie viele Studien bereits belegen –, verbessert die direkte Einbeziehung der Patient:innen in ihre Versorgungsplanung und Behandlungsentscheidungen ihre Therapietreue und sorgt letztlich für bessere Ergebnisse.

Ein Wundversorgungsplan umfasst in der Regel Folgendes:

  • Reinigung der Wunde,
  • Débridement von nicht lebensfähigem Gewebe (z. B. Nekrose und Schorf), um das Infektionsrisiko zu verringern,
  • Regulierung des Feuchtigkeitshaushalts – Rehydrierung oder Reduzierung der Exsudatmenge, um ein feuchtes Wundmilieu zu schaffen (z. B. durch Verwendung eines geeigneten Verbandes),
  • Schutz des Granulations-/ Epithelgewebes und
  • Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens der Patient:innen durch Verringerung der Schmerzen und des von der Wunde ausgehenden Geruchs.

Die Ziele, die Sie sich für die Behandlung der Wunde setzen, werden sich mit der Zeit ändern, wenn die Wunde zu heilen beginnt. Die einzige Möglichkeit, den Heilungsprozess zu verfolgen, besteht jedoch in der regelmässigen Beurteilung der Wunde.

Wie oft sollten Sie die Wunde beurteilen?

Die Wunde sollte bei jedem Verbandswechsel – oder mindestens einmal pro Woche – untersucht werden, um sicherzustellen, dass die Behandlung die richtige Wirkung erzielt.

Es ist wichtig, dass Sie die Häufigkeit des Verbandswechsels mit den von Ihnen festgelegten Behandlungszielen abgleichen. Wenn Sie beispielsweise eine stark exsudierende Wunde versorgen, sind häufige Verbandswechsel in der Woche erforderlich. Bei granulierenden Wunden muss der Verband in der Regel nur wenige Male pro Woche gewechselt werden. Denken Sie daran, die Gründe für die jeweilige Häufigkeit der Verbandswechsel zu dokumentieren.

Wenn Sie einen der folgenden Punkte beobachten:

  • eine weniger als 20%-ige Verbesserung des Wundareals über einen Zeitraum von vier Wochen,
  • eine unerwartete Zunahme der Wundexsudatmenge,
  • Verdacht auf Infektion oder Biofilm,
  • zunehmende Schmerzen oder eine allgemeine Verschlechterung der Gesundheit und des Wohlbefindens des:der Patient:in,

… sollten Sie den:die Patient:in immer an eine:n Spezialist:in überweisen.

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